Das Institut für Altertumskunde trauert um Frau Dr. Sonja Schönauer, die am 11. Oktober 2023 im Alter von 56 Jahren verstorben ist.
Sonja Schönauer studierte Byzantinistik, Neugriechische Philologie, Englische Linguistik und Italienische Literatur an der Universität Hamburg und der Aristoteles-Universität Thessaloniki. Als Kollegiatin und Vollstipendiatin des Graduiertenkollegs „Textüberlieferung – Wissenschaftsgeschichte – Humanismus und Neulatein“ erarbeitete sie ihr Dissertationsprojekt im Fach Byzantinistik zum Thema „Eustathios von Thessalonike: Reden auf die Große Quadragesima. Kritische und kommentierte Edition“ und wurde 2003 an der Universität Hamburg durch den Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften promoviert.
Von 1997 bis 2013 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Klassische und Romanische Philologie, Abteilung für Griechische und Lateinische Philologie, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn am DFG/ÖAW-Projekt „Lexikon zur byzantinischen Gräzität (LBG)“ unter der Leitung von Prof. Dr. Erich Trapp beschäftigt. Gleichzeitig trug sie als Fachberaterin für byzantinische Literatur zur Entstehung der dritten, völlig neu bearbeiteten Auflage von Kindlers Literaturlexikon, hg. von Prof. Dr. Heinz-Ludwig Arnold, bei.
Nach einem Forschungsaufenthalt am Collège de France in Paris in Kooperation mit dem ANR-Projekt „Jean VI.“ leitete Frau Schönauer 2015–2020 ihr eigenes DFG-Projekt „Fälschung einer Chronik – Chronik einer Fälschung. Entstehung und Tradierung des sogenannten Chronicon maius des Pseudo-Sphrantzes“ am Institut für Altertumskunde, Abteilung Byzantinistik und Neugriechische Philologie, der Universität zu Köln. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes gelang es Frau Schönauer, unter Heranziehung bisher unberücksichtigter Dokumente und der eingehenden Analyse des gesamten Quellenkorpus nicht nur ein tiefgreifendes Verständnis der historischen Hintergründe der Entstehung dieses Werkes zu gewinnen, das Jahrhunderte lang als eine der wichtigsten griechischsprachigen Quellen zur Eroberung Konstantinopels galt, sondern auch eine neue kritische Edition des Chronicon maius zu erarbeiten.
In den Jahren 2020–2022 war sie Leiterin eines weiteren, ebenfalls DFG-finanzierten Forschungsprojektes „Ioannes VI. Kantakuzenos: Historia. Fertigstellung einer kritischen Edition für das Corpus Fontium Historiae Byzantinae“ an der Abteilung Byzantinistik unseres Instituts, dessen Ziel es war, auf der Basis umfangreicher Vorarbeiten – Beschreibung und Kollationierung der Handschriften, Erstellung eines stemma codicum, Erarbeitung der Prolegomena zu Leben und Werk des Autors, den Handschriften und ihrer eigenen Geschichte, der strukturellen Weiterentwicklung des Textes und der bisherigen Editionen und Übersetzungen – den ursprünglichen, von Kaiser Ioannes VI. Kantakuzenos verfassten Text möglichst getreu wiederherzustellen.
Aus den genannten wissenschaftlichen Tätigkeiten entstanden zahlreiche Publikationen und Konferenzbeiträge, in denen Frau Schönauer ihren Forschungsinteressen – Spät- und postbyzantinische Historiographie, Textkritik und -edition, Kodikologie, Paläographie und Lexikographie – nachging, während sie im Rahmen von Lehraufträgen ihr enormes Wissen auf diesen Gebieten an Studierende unseres Instituts und der Nachbardisziplinen vermittelte. Ihr zugewandter Charakter, ihre Hilfsbereitschaft und ihre Liebe zum Beruf, mit der sie jeden mitreißen und für ihre Forschung begeistern konnte, machten sie unter allen Kolleginnen, Kollegen und Studierenden beliebt. Wir nehmen Abschied von unserer Kollegin in dem Gefühl großer Dankbarkeit und tiefer Trauer.